rBST—im Westen nichts Neues, im Osten auch nicht

von Heiner Lüps

aus Veto Nr. 25 – 1991, S. 31

Die diesjährige „Welser Tagung“ hat sich einen Vormittag lang ganz dem Thema rBST gewidmet. Auffallend war das erste Referat von Prof. Smidt (Mariensee), das nicht zum wiederholten Male die Unbedenklichkeit von rBST zu beweisen versuchte, sondern sich mit der Akzeptanz biotechnischer Verfahren besonders aber des rBST-Einsatzes befasste. Es basierte auf verschiedenen Umfrageergebnissen aus den Jahren ’89 und ’90, die von einer 100%igen Ablehnung (z.B. AGKT2) bis zu einer 100%igen Zustimmung (Pharmaindustrie) reichten. Besonders auf erstere (AGKT) wurde bis auf die Erwähnung nicht weiter eingegangen. Interessant war, daß auf der Befürworterseite, außer der Pharmaindustrie, nicht viel übrig blieb. Organisationen wie BpT2, DBV2, ADR2, Molkereien u. a. sehen einem Einsatz von rBST sehr negativ (vor allem ökonomische Gründe). Umfragen bei Landwirten (nicht gleichzusetzen mit DBV) ergaben eine Akzeptanz von ca. 10%.

Die Gründe für die schlechte Akzeptanz liegen vor allem in der polemisch und emotional geführten Diskussion und der „sozioökonomischen Hürde“ (O-Ton Karg).

Die Referate von Karg (Weihenstephan), Coufalik (Slusovice, CSFR) und Kräußlich (München) blieben dann in dem üblichen rein naturwissenschaftlichen Rahmen. Eins der „Highlights“ war ein Ergebnis aus einem Großversuch in der Tschechoslowakei (Coufulik), der über zwei Jahre lief (praktische Erfahrungen mit rBST an über 700 Rindern). Die Milchleistungssteigerung lag in beiden Jahren bei gut 15%, was in etwa auch der Zunahme beim Kraftfutterverbrauch entsprach (gut 16%). Prof. Karg stellte nochmals die physiologische Unbedenklichkeit eines rBST-Einsatzes dar. Da das aber die Akzeptanz nicht verbessert, wie auch das Referat von Smidt belegte, sei „jetzt endlich die Klinik gefordert“. Der Tenor lag in der dringenden Bitte an die Kliniker, doch endlich eine Krankheit (und sei es auch nur eine Technopathie) mit Hilfe von rBST zu heilen oder zu lindern, damit der schlechte Ruf des „Leistungsförderers“ durch den guten (?) des „Medikaments“ aufgewertet werden kann. Prof. Kräußlich ging in seinem Referat wiedermal davon aus, daß rBST zugelassen ist (bzw. wird). Für die Zuchtziele und die Zuchtwertschätzung sieht er keine großen Probleme, es könnten dann endlich andere „Merkmale (als die Milchleistung) stärker in der Selektion berücksichtigt werden.“ Um sicher zu sein. daß die Zuchtbullenmütter nicht mit rBST präpariert sind (Mißbrauch), ist das hoch und heilige Versprechen der Nichtbehandlung seitens des Züchters nötig (Kontrolle ist natürlich auch nötig, aber derzeit noch schwierig). Die andere Möglichkeit ist die Stationsprüfung von Bullenmüttern in Nukleus- oder MOET-Zuchtprogrammen.

In der anschließenden Diskussion der vier Referate waren drei Beiträge sehr interessant. Einer vom Präsidenten der Tiroler Tierärztekammer (Name ist mir entfallen), der den Sinn einer Anwendung von rBST weder ethisch-moralisch, noch politisch oder gar ökonomisch verstand. (sinngemäß zitiert) „Warum einen Leistungsförderer zulassen, der mehr Konzentration in der Landwirtschaft zur Folge hat, dadurch Bauernsterben und höhere Kosten für die Sozialkassen des Staates, mehr Trinkwasser- und Bodenbelastung durch Güllekonzentration und der mehr Kraftfutteraufwand bedeutet und damit auch mehr Ausbeutung in der Dritten Welt, mehr Rodung von Regenwäldern zum Kraftfutteranbau, Verschlechterung des Weltklimas, Förderung des Treibhauseffektes durch den Energieverbrauch beim Transport zur Folge hat …???“. Da ja Smidts Referat über die Akzeptanz auch diese globale Kritik beinhaltete, konnte die übliche Ausrede hier doch bitte rein wissenschaftlich zu bleiben nicht greifen, aber die EG als Ausrede war gut genug, denn das geschilderte Szenario komme im „Europa der offenen Grenzen“ sowieso!!!!! Peinlich wurde es als ein Praktiker wissen wollte, warum jetzt mit Gewalt aus einem sehr umstrittenen Leistungsförderer ein Medikament gemacht werden solle, damit würde doch nur der illegale Einsatz (Beispiel Clenbuterol) geradezu gefördert? Daß das eine zwingende Konsequenz ist ,wurde von den Referenten bezweifelt. Nur Kräußlich warnte „…also illegal darf es auf keinen Fall verwendet werden“. So richtig peinlich wurde es dann als ein Praktiker fragte: „Was kostet der Einsatz von rBST eigentlich und rechnet sich das?“ – langes Schweigen – Da saßen sie nun die vier Experten – immer noch Schweigen und Raunen im Saal – „Weiß vielleicht jemand aus dem Auditorium was das kostet?“ – Auch Coufalik wußte nicht Bescheid „Wir bekamen das Mittel von Monsanto geschenkt“ (außerdem brauchte sich damals in der CSSR keiner um Milchpreise zu kümmern, da diese garantiert waren). Nein sie wußten es nicht, diese Frage blieb unbeantwortet, wie noch so manches in Bezug auf rBST.

(1) Welser Tagung: 37. Internat. Fachtagung für Fortpflanzung und Besamung 11. – 12. Okt. 1990 in Wels, Oberösterreich. Die Manuskripte sind in der Wiener Tierärztlichen Monatsschrift (77, 1990/11, 5 342-365) nachzulesen.

(2) AGKT: Arbeitsgemeinschaft kritische Tiermedizin 

BpT: Bund praktischer Tierärzte
DBV: Deutscher Bauernverband
ADR: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter

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