Ohrenschmaus & Ohrengraus

Über die veterinärmedizinische Vorlesungslandschaft und Ansätze zur Verbesserung

von Jan Herrmann

aus Veto 48 – 2000, S. 8-12

Als ich 1989 mit meinem Studium begann, hielt Professor Rundfeldt, ein mittlerweile emeritierter Vertreter der Biometrie, einen grandios abstrakten Eröffnungsvortrag. Er konfrontierte die Studienanfänger mit dem Begriff „Informationsdichte“ und beschrieb dabei das Problem des jährlichen Wissenszuwachses. Wir hörten, dass in Vorlesungen Informationen vermittelt würden und je mehr davon ein Vortragender pro Zeiteinheit absondere, desto höher sei die Informationsdichte. Jede neue Generation von Studienanfängern sei bei unveränderten Regularien (d.h. bei gleicher von der TAppO vorgegebener Stundenzahl) wieder um einige Prozentpunkte herausgeforderter, da der Wissenszuwachs eine höhere Informationsdichte in den Vorlesungen erfordere.

Stand der Dinge

Nun stellt sich die Frage, wie die Fachvertreter heute mit dem Faktor Informationsdichte in ihren Vorlesungen umgehen. Läßt sich überhaupt beschreiben, wie eine Vorlesung aussieht, die ein Optimum an Informationen vermittelt? Es ist natürlich nicht so, daß alle brandneuen Forschungsergebnisse unmittelbar in die Vorlesungen einfließen und die Informationsdichte innerhalb der begrenzten Stundenzahl einer Vorlesung geschwürhaft anwachsen lassen. Insgesamt aber läßt sich ein Trend zu mehr Informationen, die in nicht adäquater Zeit übermittelt werden sollen, nicht leugnen. Junge Beispiele für Wissenszuwächse sind die Erkenntnisse und Darstellungen aus modernen bildgebenden Verfahren (Sonographie, Endoskopie, Computertomographie), die zunehmend Einzug in die Lehre finden.

Vorlesungs-Alltag

Die gewaltigste Verdichtung von Informationen findet wohl in der hannoverschen Kleintierklinik statt. Dort waren Vorlesungen an der Tagesordnung, in denen die Dozenten durch Folienditschen1 die Informationsdichte in schwindelerregende Höhen trieben.

Dies ist ein Extrembeispiel für eine Vorlesung mit ausgesprochen hoher Dichte an Informationen – allerdings nur auf Seiten der Vortragenden. Aha, da war doch noch etwas… Der bis hier benutzten Definition der Informationsdichte fehlt nämlich ein wichtiger Faktor: Der Informationsempfänger.

Nicht die Geschwindigkeit mit der Termini in freier Rede aneinandergereiht werden, oder das hochfrequentielle Weiterklicken von Textwüsten auf Folien und Dias bestimmen die Informationsdichte. Die Zuhörer bestimmen, wieviel Wissen vermittelt wird. Und es obliegt den Dozenten, diesen Wert auch durch andere Maßnahmen als reine Stoffmenge in angemessene Höhen zu schrauben.

Alle Dozierenden, die sich vor Augen führen, dass nicht die Fakten alleine eine gute Vorlesung ausmachen, haben schon einen entscheidenden Blick auf ihr eigenes Tun geworfen. Der veterinärmedizinische Hochschulalltag sieht aber anders aus. Noch immer die meisten Vorlesungen stellen ein auf den reinen Wissensstoff reduziertes Angebot dar, der linear abgearbeitet wird, nicht viel anders als es auch in einem Lehrbuch zu lesen wäre.

Was ist eine gute Vorlesung?

Wann ist nun eine Vorlesung erfolgreich? Wenn die Studierenden mit vielen vollgeschriebenen Seiten nach Hause gehen? Wenn zahlreiche neue Termini die Köpfe zum Brummen gebracht haben? Oder wenn man die Vorlesung mit schmerzender Bauchmuskulatur verläßt, weil die Dozentin so tolle Witze erzählen konnte?

Ich finde es sehr einfach, eine gute Vorlesung zu beschreiben. Nach der Vorlesung möchte ich einen sofort anwendbaren Überblick über das gelesene Thema haben. Dazu gehören vielleicht ein paar Termini, aber vor allem das Verständnis einer Struktur oder eines grundlegenden Systems. Feinheiten, die zwar in einer Vorlesungsstunde les- aber nicht erfassbar wären, kann ich mir selbst erarbeiten, da ich ausreichend Empfehlungen für weitere Beschäftigung erhalten habe. Ausserdem hilft mir der Enthusiasmus des Vortragenden, dass ich es kaum erwarten kann, mehr zu dem Thema zu erfahren, also zu Hause mal ein Buch aufschlage und eine kaum beherrschbare Lust verspüre, die nächste Vorlesung zu besuchen.

Wie kann nun der Vortragende seinen Anteil dazu beitragen, dass die Zuhörer derart paradiesisch wohlgestimmt den Hörsaal verlassen?

Studieren nach Regeln

Man könnte glauben, dass so etwas wie die Informationsdichte doch irgendwo amtlich geregelt sein muß. Gibt es nicht neben irgendeiner EU-Karamelbonbon-Importverordnung auch eine Vorschrift für die Informationsdichtenmittelwerte in der tiermedizinischen Ausbildung?

Die Approbationsordnung für Tierärzte (TAppO) gibt sehr knapp formuliert vor, wie Lehrinhalte inhaltlich aussehen sollten und mit wieviel Stunden die einzelnen Fächer ausgestattet werden (TAppO Anlage 1). Die TAppO sollte eigentlich die Instanz sein, die alle Jubeljahre wieder die Lehrinhalte entschlackt und durch neue Aufteilungen und Gewichtungen die Besinnung auf das Notwendige und Wesentliche ermöglicht. Die TAppO neuen Situationen anzupassen ist aber ein langwieriger und aufgrund der vielen beteiligten Interessen steiniger Weg, der nicht die notwendige Flexibilität für Änderungen beinhält. Die TAppO bleibt also nur eine recht abstrakte Grundlage und läßt genug Spielraum für verschiedenartige Vorlesungsmodelle.

Die neue TAppO ist verabschiedet und gilt für die Studierenden, die ihr Studium im Wintersemester 2000/2001 beginnen. Es ist zu recht drastischen Umverteilungen zwischen den Lehrbereichen kom- men (Für eine Gegenüberstellung der Stundenzahlen siehe http:// www.tiermedizin.de/tierme98/stud/tappo.htm).

Neues Wissen, dass für die Grundausbildung als wesentlich erachtet wird, sollte idealerweise seinen Platz durch Verteilung der Stundenzahlen bei Reduzierung (und keinesfalls Komprimierung) des Inhaltes der gekürzten Fächer bekommen. Es wird aber nirgends vor- geschrieben, wie die Fachvertreter mit den Stundenzahlverringerungen umzugehen haben.

Langfristig wird die Tiermedizin in Deutschland der Schwerpunktbildung schon im Studium nicht ausweichen können, um dem Wissenszuwachs und der Lehrbarkeit des Wissens gerecht zu werden (Martens 1999).

Die TAppO im Internet: http://www.vetmed.uni-muenchen.de/ studium/tappo.html (Heute ungültiger gedruckter Link –>Aktueller Link)

Wie werden Vorlesungen besser?

Wenn man auf dem Weg zu einer besseren Vorlesung die fachliche Eignung der Dozenten voraussetzt, bleibt etwas übrig, das im tiermedizinischen Hochschulbetrieb ein Leben im Untergrund führt: Didaktische Kompetenz.

Vortragende zeigen Ihre didaktischen Fähigkeiten, wenn sie nicht nur ihren Wissens-Stoff ins Publikum streuen, sondern auch dafür Sorge tragen, wie am meisten von den Informationen aufgenommen, verstanden und erinnert wird.

Die Vorbereitung eines didaktischen Unterrichts setzt voraus, dass sich der Dozent über die Ziele der Vorlesung im Klaren ist. Was die Studierenden am Ende der Vorlesung verstanden haben sollen, muß deutlich formuliert sein! Es hilft hier nicht, einfach „Alles“ zu sagen. JedeR muß realistisch den Umfang des mitnehmbaren Wissens beurteilen und sich über die Erfüllung des Anspruchs auch gelegentlich bei den Studierenden versichern. KASKE und REHAGE (Artikel in dieser Veto) nennen das anwendbare Wissen mit dem die Studierenden die Vorlesung verlassen „Get home message“, SEELER et al. (1994) sprechen von Schlüsselkonzepten.

Gute Vortragende wissen auch, wie der typische Alltag von Studierenden ihrer Vorlesungen aussieht. Welche anderen Fächer haben die Studierenden zu absolvieren? Wieweit darf die Freizeit für Nach- und Vorbereitung mit eingeplant werden? Es ist eben unsinnig, die Studierenden besonders motivieren zu wollen, wenn am nächsten Tag die Konkurrenz ein Testat abhält.

Mitschreibwahn

Wer alles mitschreibt, ist nicht gleichzeitig in der Lage, dem Vorlesungsfaden geistig zu folgen. Mitschreibende können nicht mitdenken und reflektieren. Deshalb kann es nicht darum gehen, daß mehrseitige Aufzeichnungen angefertigt werden. Wann immer möglich sollte auf ein gutes Lehrbuch oder Institutsskript verwiesen werden. Alternativ können Vorlesungsfolien als Kopie ausgegeben werden. Die Studierenden haben Angst etwas zu verpassen, diese Angst kann Ihnen durch gezielte Verweise auf die bestehende Literatur genommen werden. („Diese Aufstellung finden Sie im Rosenberger auf S. 123“ u.s.w.)

Ein sehr willkommener Nebeneffekt dieser Literaturverweise ist auch die Erziehung zum selbständigen Fortbilden. Die im oberen Teil erwähnten Wissenszuwächse in der Tiermedizin erfordern nach Abschluß des Studiums eine eigenständige Fortbildung. MARTENS (1999) betont, dass es auch Aufgabe des Studiums sein muß Lernkompetenz zu vermitteln.

Für Vortragende, die sich mit der Ruhe im Hörsaal schwertun, verschwindet durch den Verzicht auf Mitschreiborgien allerdings der Vorteil eines einfach anwendbaren Lautstärkereglers. Eine Folie mit ausreichend Text aufzulegen ist nämlich ein Geheimtip, um einen Vorlesungssaal vom morgendlichen Kaffeeklatsch in eine schweigsame Fleißmasse zu verwandeln.

Eine Vorlesung, in der Texte nur mündlich vorgetragen werden, die so auch nachzulesen sind, ist verschwendete Zeit. Es geht vielmehr darum Fakten in die richtigen Zusammenhänge einzupassen, um dadurch das Verständnis zu erleichtern. Eine Vorlesung sollte den Text komplementieren und supplementieren, nicht aber ersetzen (SEELER et al. 1994). Die Reduzierung des Mitschreibens ist also eine elementare Voraussetzung für den Rollenwechsel der Studierenden von passiven Mithörern zu aktiven Mitdenkern.

Erinnern

Erinnerung funktioniert durch Verknüpfung neuer mit bekannten Informationen. Bei dieser Verknüpfungsleistung muß der Vortragende aktive Hilfe leisten. Er kann Beispiele anbringen, die abstrakte Vorgänge verständlich machen. KASKE und REHAGE betonen den Wert emotionalen Lernens. Die Dozenten, die es vermögen eine emotionale Lernumgebung zu schaffen, werden langfristig höhere Lernerfolge bei Ihren Studenten erreichen können. Ein Beispiel lieferte SCHNAPPER (1999), die die Studierenden in einer Histologieübung mit Beschreibungen und Diapositiven um dreihundert Jahre zurück versetzte und sie die Struktur von Muskelgewebe „neu“ beschreiben ließ.

Sehr effektiv ist eine Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen. Wer sich mit dem Kenntnisstand der Studierenden beschäftigt, weiß an welchen Haken das neue Wissen aufgehängt werden kann.

Die Kenntnis um das Studentenleben verhilft in manchen Fällen auch zu besonders gut aufzunehmenden Vergleichen. Die Herzfrequenz von Jungtieren liegt dann eben mal bei den Beats per Minutes eines aktuellen Techno-Stückes und die von senilen Tieren beim Rhythmus eines Roger Whittaker Schlagers.

Die Studierenden spüren den Enthusiasmus der Vortragenden. Diese Begeisterung kann sich übertragen und Motivation für das Fach schaffen. Neue Entwicklungen wie sie nicht im Lehrbuch zu lesen sind, können gerade aus Sicht des Forschenden gut vermittelt werden, wenn auch die Aufregungen des Laborlebens oder Publizierens trans- parent gemacht werden.

Eine wichtige Motivationshilfe für die Vorklinik ist der Bezug zur klinischen Bedeutung. Dadurch wird das oftmals trockene Grundlagenwissen deutlich hirngängiger gemacht. Aber auch hier macht der Ton die Musik. Mit lustlosen Verweisen auf die Klinik gewinnt man keine Begeisterungsstürme. Wenn dann auch noch gedroht wird, dass man ohne das gerade Gelesene in der Klinik untergehen wird, dann hat man nur einen weiteren erfolgreichen Bei- trag zur Studierenden-Frustration geleistet.

Behaltensquote von Informationen in Abhängigkeit von der Form der Informationsaneignung (in %)
Bundesarbeitsgemeinschaft der jungen Philologen im deutschen Philologenverband 1998 aus ROTHER (1998)

Streichen, Verlagern, Quetschen?

Gibt man didaktischen Prinzipien mehr Raum, kann nicht mehr alles gelesen werden, was auch prüfungsrelevant ist. Aber wie wertvoll ist denn eine gequetschte und kom- primierte Vorlesung, in der wirklich alles einmal gesagt wurde? Das unmittelbare Verständnis der Zuhörer wird deutlich gesenkt und demzufolge wird auch weniger erin- nert. Es bleibt die Mitschrift. Aber Schrift kann man – das sei nochmal mit Nachdruck erwähnt – auch Büchern und Skripten entnehmen, wenn es an die Prüfungsvorbereitung geht. Es ist sowieso der Fall, daß viele Studierende zum Lernen gar nicht auf Ihre Vorlesungsmitschriften zugrei- fen, sondern auf Bücher oder Skripten. Also warum nicht gleich Studentin und Studenten aus einer Vorlesung raus- gehen lassen, in der sie das gelesene unmittelbar verstan- den haben und erinnern können. Wenn man dann auch noch Möglichkeiten schafft, dass die Studierenden ihr Wissen anwenden können, dann schafft das zusätzlich Erfolgser- lebnisse, die die Stimmung und den Lernwillen der Stu- dierenden günstig beeinflussen.

Warum ist das nicht so?

Auch wenn Dozenten den besten Willen zu didaktisch hochwertigen Vorlesungen haben und damit gute Voraus- setzungen mitbringen, stehen die Chancen für eine Umsetzung schlecht. Die Erstellung einer didaktisch optimierten Vorlesung erfordert sehr viel Zeit. Und diese Zeit haben Universitätsangestellte in der Regel nicht. Das Problem für die Dozenten liegt darin, daß sie für didaktische Mühen keine Lorbeeren zu erwarten haben. Es gibt dafür keine zusätzlichen Gelder für das Institut oder die eigene Stelle, keine Karrierehilfe, keine Punkte. So etwas bekommt man nur, wenn man forscht und publiziert, dass sich die Regalbretter biegen. Jede Mühe, die man also in die didaktische Aufbereitung des Stoffes steckt, bekommt einen altruistischen Anstrich.

Auch die enthusiastischen Anfänger im Hochschulbetrieb, die gerade den Seitenwechsel vollzogen haben und sich plötzlich an der Hochschule in einer Position des Lehrenden wiederfinden, müssen plötzlich realisieren, wie es zu den schlechten Vorlesungen kommt, die sie immer verurteilt haben. Die Zeit reicht gerade mal so eben für die Zusammenstellung des zu vermittelnden Stoffes, aber nicht für die Aufbereitung nach didaktischen Prinzipien.

Was ist zu tun?

Die hier genannten Beispiele sind natürlich nicht auf Vorlesungen aller Fächer gleichermaßen anwendbar. Den Studierenden fällt die Aufgabe zu, den Lehrenden auch abseits von offiziellen Evaluierungen ein feedback zukommen zu lassen. Über konstruktive Kritik sind die meisten Dozenten zu erreichen. Die guten in ihrem guten Vorlesungsstil zu bestätigen und die weniger guten durch freundliche Kritik mit Beispielen für’s Bessermachen auf die richtige Fährte zu führen, ist eine Aufgabe, die Studierende gerne übernehmen sollten, wenn Sie an einer Verbesserung der Ausbildung interessiert sind.

Eine wichtige Grundvoraussetzung ist aber auch, den Vortragenden eine gute Vorlesung angenehm zu gestalten. Das bedeutet, dass man den Vortragenden eine Chance gibt, indem man zuhört.

Die Bildungsministerin Edelgard BULMAHN hat Ende Juni 1999 ein Konzept veröffentlicht, nach dem Hochschulprofessoren nicht mehr nur nach Alter sondern nach Leistung entlohnt werden sollen. Wieweit dabei die Lehre einen höheren Stellenwert bekommt, bleibt allerdings fraglich. Nach wie vor wird die Forschung den wichtigsten Platz einnehmen. Es bleibt auch noch die Frage, wie denn gute Lehre zu messen ist. In der Diskussion ist eine Beurteilung der Lehre durch Studierende und Kollegen. Es bleibt zu hoffen, daß die Evaluierungsgrundlage gut genug ist, die wirklich guten Vorlesungen aus dem Haufen von Kasperltheatern, Schlaftherapien und Harald Schmidt Nachahmungen herauszufiltern.

Abgesehen von didaktischen Prinzipien, die den Schwerpunkt dieses Artikels darstellen, gibt es auch immer wieder Vorlesungen, die nicht einmal einfache Prinzipien der Vortragskommunikation berücksichtigen. Das sind dann die Fälle, wo gegen die Projektionswand geredet wird, wo 10 Punkt Schrift Dias die Augen der letzten Reihen tränen lassen oder komplette Vorlesungen im Diadunkel verschlafen werden. Anregungen zu einfachen technischen Verbesserungen lassen sich z.B. bei GORDON (1983), FLEISCHER (1986) und EBEL und BLIEFERT (1990) finden.

Viele Beispiele und Hilfestellungen für bessere Ausbildung in der Veterinärmedizin sind im leider eingestellten Journal of Veterinary Medical Education beschrieben worden. Aber auch allgemeine Literatur zur Vortragsgestaltung enthält vielfältige Tips zur Verbesserung von Vorlesungen.

Literatur

BONWELL, C. C. u. J. A. EISON (1991): Active Learning: Creating Excitement in the Classroom. George Washington University, Washington, DC.

BULMAHN, Edelgard (1999): Mut zur Veränderung. Deutschland braucht moderne Hochschulen. Vorschläge für eine Reform. Bundesministerium für Bildung und Forschung. Internet: ftp://192.76.176.135/m-rede.pdf

EBEL, H. F. u. C. BLIEFERT (1990): Vortragen. VCH, Weinberg.

FLEISCHER, G. (1986): Dia-Vorträge. Planung, Gestaltung, Durchführung. Georg Thieme Verlag, Stuttgart; New York.

GORDON, J. C. (1983): Techniques used by successful teachers. J. Vet. Med. Edu. 10, 20–22

MARTENS, H. (1999): Grundstudium und postgraduelle Ausbildung in der Veterinärmedizin: Herausforderungen und Perspektiven für die Zukunft. DTB, 456–461

ROTHER, M. (1998): Repräsentation der Vorlesung „Tiergeburtshilfe“ in einer interaktiven Multimedia-Anwendung für die Verwendung im Internet und die modellhafte Untersuchung zur Akzeptanz und Integration solcher Anwendungen in das Studium der Veterinärmedizin. Tierklinik für Fortpflanzung des Fachbereichs Veterinärmedizin der Freien Universität Berlin, Dissertation

SCHNAPPER, A (1999) „Quergestreifte Muskulatur“. Vorlesung im Fach Gewebelehre im Juni 1999

SEELER, D. C., G. H. TURNWALD u. K. S. BULL (1994): From teaching to learning: Part III. Lectures and approaches to active learning. J. Vet. Med. Edu. 21, S. 7–12

VORLESUNGSTECHNIKEN

SEELER et al. (1994) schlagen ein Vorlesungsmuster nach folgendem Modell vor: Es gibt eine Einführung, einen Vorlesungskörper und einen Schlußteil. In der Einführung wird die letzte Vorlesungsstunde nochmal aufgegriffen. Es werden wesentliche Dinge wiederholt angesprochen und den Studierenden wird Gelegenheit gegeben, Fragen zu stellen. Dann wird auf das neue Thema übergeleitet, indem auf die Relevanz des Stoffes eingegangen wird (Wofür lernt man diese Fakten). Dabei werden z.B. Bezüge zu klinischen Fällen gesetzt.

Im Vorlesungshauptteil, dem Körper, findet die Vorlesung statt. Aus didaktischer Sicht sollte ein Schwerpunkt darauf gelegt werden, den Zuhörern ein aktives Lernen zu ermöglichen (siehe unten). SEELER et al. wollen im Vorlesungskörper zwei bis drei Schlüsselkonzepte untergebracht haben. Nach der Abhandlung eines Konzepts sollte der Stoff nochmal zusammengefasst werden, um daraus eine Überleitung zum nächsten Konzept herzuleiten.

Der Schlußteil sollte die Schlüsselpunkte nochmal wiedergeben. Hier wird vorgeschlagen, Studierende eine kurze Zusammenfassung geben zu lassen. Das fördert erstens die Aufmerksamkeit und gibt zweitens auch die Möglichkeit, zu überprüfen, wie gut das Gelesene verstanden worden ist. Ausserdem sollten die Dozenten in diesem Teil ein Verhältnis des aktuellen Themas zum übergeordneten Kursziel bilden. Auch hier können Fragen beantwortet werden.

AKTIVES LERNEN

Um den Studierenden zu helfen, die Fähigkeiten Objektivität, kreatives Denken, Beurteilungsvermögen, Interpretationsvermögen, Problemlösungsvermögen zu erwerben, müssen Sie aktiv am Lernprozess beteiligt werden.
Wenn das gelingt, wird sich die Motivation und die Freude am Lernen erhöhen. Die Studierenden sollen sich bei Denkaufgaben höherer Ordnung (Analyse, Synthese, Evaluation) engagieren. Sie müssen sich davon lösen, mit losgelösten Fakten zu arbeiten, sondern sollten die Relevanz neuen Wissens erkennen und dieses unmittelbar im wirklichen Leben anwenden können. Einige Techniken, die das unterstützen, sind im folgenden aufgezählt:

  1. Fragen
    Rhetorische Fragen auch wirklich rhetorisch arbeiten lassen. Eine Frage kann in den Raum gestellt werden, aber sie sollte auch wirken können. Die Studierenden sollten ein paar Sekunden Zeit haben, über die Frage nachzudenken.
    Richtige Fragen ans Publikum müssen sorgfältig vorbereitet sein. Die Antwortenden dürfen nicht blosgestellt werden, die Dozenten müssen also mit falschen Antworten sensibel umgehen, sonst ist der Einsatz der Fragetechnik in diesem Jahrgang verdorben. Fragen sind auch erstklassig geeignet, um Akzente zwischen längeren passiven Strecken zu setzen.
  2. Denkphasen
    Die Vorlesung wird in mehrere etwa 15 Minuten lange Blöcke unterteilt. Nach einem Block klassischer Vorlesung, geben Sie zwei bis drei Minuten Zeit, damit sich alle alleine oder in Kleingruppen Notizen machen und wichtige Fakten austauschen kön-
    nen. BONWELL et al. (1991) spricht von signifikanten Lernverbesserungen bei Einsatz dieser Technik.
    Eine ähnliche Variante beinhaltet etwas längere Vorlesungseinheiten. Dabei werden zunächst die Inhalte der Vorlesung mitgeteilt und dann die Studierenden explizit aufgefordert, nicht mitzuschreiben. Nach 20- 30 Minuten Vorlesung erhalten die Studierenden 5 Minuten Zeit für Notizen. Danach kann mit Nachbarn der Stoff diskutiert werden. Um eventuelle Unklarheiten zu beseitigen, gehen der Dozent und eventuell weitere Mitarbeiter herum und stehen zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung.
  3. Brainstorm
    Die Studierenden bekommen minimale Informationen und werden dann aufgefordert ein Thema zu durchdenken. Der Dozent sammelt Stichpunkte und lenkt die Lernergebnisse. Eine Histologievorlesung kann z.B. so gestaltet werden, dass die Studierenden um 350 Jahre zurückversetzt werden. Sie bekommen minimale Informationen zu einem Schnittpräparat der Zunge und sollen dann die wesentlichen Charakteristika der quergestreiften Muskulatur selbst erarbeiten (SCHNAPPER, 1999).
  4. Die guten alten Tests
    Eine Vorlesung mit nachfolgendem Test hat eine höhere Erinnerungsrate zur Folge BONWELL et al. (1991). Wenn die Studierenden gezwungen sind, frisches Wissen wiederzugeben, müssen Sie es dafür in ihre Denke eingliedern und reflektieren. Das wirkt sich auf lange Sicht positiv aus.
    Weitere Beispiele (Projektunterricht, Forschendes Lernen, Klassisches Seminar) bei KASKE und REHAGE (diese Veto).

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