Ein Schuß für 6.50 Dollar

POSILAC, ein Hormon macht krank

von Anita Idel

aus Veto Nr. 35 – 1994, S. 27

Im Juli 1993 hatte die Europäische Kommission mit einem Votum für ein 7jähriges BST-Moratorium für die EG überrascht. Während die Bestätigung dieser Entscheidung durch den EG-Agrarministerrat noch ausstand, erteilte die in den USA zuständige Behörde, die „Food and Drug Administration“ (FDA) am 4. November eine BST-Zulassung für den 4. Februar 1994. Dies dürfte die EG-Agrarminister nicht unberührt gelassen haben: zum ersten Mal übergingen sie den Vorschlag ihrer Kommission und beschränkten sich auf die Verlängerung des BST-Moratoriums um ein Jahr.

Der Beipackzettel mit den möglichen „Neben“-Wirkungen des nun in den USA vermarkteten BST (Markenname Posilac) der Firma Monsanto liest sich wie ein bösartiges Pamphlet von Genkritikern:

erhöhtFruchtbarkeitsstörungen
vermehrtZysten
verkürztTrächtigkeitsdauer
verringertGeburtsgewichte
vermehrtZwillingsgeburten
vermehrtNachgeburtsverhalten
vermehrtklinische Mastitiden
vermehrtsubklinische Mastitiden
vermehrtsomatische Zellen in der Milch
erhöhtKörpertemperatur
vermehrtGelenkserkrankungen
reduziertFutteraufnahme

Bei allen genannten Störungen handelt es sich um Erkrankungen, die heute schon durch jahrelange einseitige Selektion auf Hochleistung große Probleme und Kosten in der Milchproduktion verursachen. Das einzig für die Ökonomie und den Tier- und Verbraucherschutz vertretbare Ziel muß also sein, durch gesunde Zuchtziele den Medikamenteneinsatz zu reduzieren und letztlich zu gesünderen Tieren zu kommen.

Sollte das BST-Moratorium nicht über den 31.12.1994 hinaus verlängert werden, ist eine EU-weite Zulassung so gut wie sicher. Das wäre dann nur der Anfang: weitere gentechnische Hormone – für Geflügel, Fische Schafe und Schweine – warten auf ihre Chance. Und selbst das in der EU geltende Verbot für Sexualhormone in der Tiermast wird schon wieder zur Disposition gestellt. Den 20.12.1986, den Tag dieser Entscheidung bezeichnete die Pharma-Industrie später als „the black day in our history“. Damit es dabei bleibt und Hormonkälber weiter „schwarze Schafe“ und nicht die Regel sind, bedarf es noch viel Power und Phantasie.

Nicht nur Produzenten von Babynahrung sind gefordert. Ob Produzenten von Fertiggerichten, Käse oder Speiseeis, Supermarktketten, Lieferanten von Universitätsmensen, alle müssen mit Boykott rechnen, wenn sie nicht eindeutig zu BST auf Distanz gehen.

In den USA startete am 3. Februar, dem Zulassungstag des Monsanto-BST Posilac, die „PURE FOOD CAMPAIGN“. Mehr als 150 der führenden Molkereien, Produzenten, Händler, Firmen führender Markenzeichen und Supermarktketten versichern, wissentlich keine BST-Milch zu verkaufen, ebensowenig wie Produkte aus BST-Milch oder -Fleisch. Das schließt auch Verpflichtungserklärungen ihrer Lieferanten ein.

VETO Nr.15 S.33, VETO Nr.16 S.20-26, VETO Nr.17 S.13 u.14, VETO Nr.18 S.14, VETO Nr.l9 S.16 u.17, VETO Nr.21 S.18 u.19, VETO Nr.23 S.16-18 VETO Nr.24 S.8-10, VETO Nr.25 S.31, VETO Nr.33 S.16 u.17, VETO Nr.34 S.29

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